Vorbild Bad Pyrmont?

Tourismus wird anders finanziert

Vorbild Bad Pyrmont?

BODENWERDER-POLLE. Interessiert blicken einige Geschäftsleute aus der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle in Richtung Bad Pyrmont. Der dortige Kur- und Verkehrsverein hat die Einführung des als zusätzliche Steuer gefürchteten Tourismusbeitrags vorerst abgewendet. Ist das auch denkbar in der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle?

Könnte sich das Modell, das der Kur- und Verkehrsverein in Bad Pyrmont derzeit umsetzt, auch in der Samtgemeinde wirtschaftlich tragen? Foto: pr

In Bodenwerder-Polle war der Tourismusbeitrag in diesem Jahr von der Samtgemeinde – erstmal für drei Jahre – eingeführt worden; der zu zahlende Beitrag derjenigen, die direkt oder indirekt vom Tourismus profitieren, richtet sich seither nach dem Umsatz – zum Ärger vieler Gastronomie- und Handwerksbetriebe, die schlichtweg mehr bezahlen müssen als in den Vorjahren, wo es noch den Fremdenverkehrsbeitrag und die Kurtaxe gab. Jens Siveke, Betreiber des Rewe-Markts in Bodenwerder, zahlt jetzt 2000 Euro mehr als früher. Für den Geschäftsmann ein Unding, weshalb er sich einen Anwalt nehmen möchte. Er könnte sich aber auch vorstellen, ein ähnliches Modell wie in Bad Pyrmont in der Samtgemeinde einzuführen. „Das würde ich auf jeden Fall begrüßen“, sagt Siveke.

Der Bad Pyrmonter Kur- und Verkehrsverein sah seine einzige Chance darin, die Einführung des Zwangsbeitrages zu verhindern, dass alle Gewerbetreibenden und Selbstständigen Mitglied im Verein werden. Über die Mitgliedsbeiträge sollten dann die Abgaben an die Bad Pyrmonter Tourimusgesellschaft finanziert werden. Das hat geklappt. Die mittlerweile 395 Mitglieder des Kur- und Verkehrsvereins haben in diesem Jahr zusammen insgesamt 100 000 Euro zur Tourismusförderung aufgebracht – finanziert aus den Mitgliedsbeiträgen. Ein klassischer Gastronomiebetrieb mit mehr als 31 Plätzen zahlt eine Jahresmitgliedschaft im Verein von 800 Euro. Zum Vergleich: Die Kaffeewirtschaft Hehlen zahlt an die Samtgemeinde Bodenwerder-Polle mittlerweile eine vierstellige Tourismusabgabe. Für ein Bekleidungsgeschäft kostet die Mitgliedschaft im Pyrmonter Verein 240 Euro im Jahr. Eine Tankstelle mit Shop zahlt 500 Euro Pauschale. Laut Guido Radtke aus dem Vorstand des Kur- und Verkehrsvereins Bad Pyrmont sei der Mitgliedsbeitrag im Verein lange nicht so hoch wie die Zwangsabgabe an die Stadt. Vor allem profitieren Gewerbetreibende mit hohen Jahresumsätzen.

Die Verwaltung in Bodenwerder-Polle erwartet in diesem Jahr Einnahmen durch den Tourismusbeitrag in Höhe von 170 000 Euro. Könnte das ein Verein, in dem alle Gewerbetreibenden und Selbstständigen aus der Samtgemeinde Mitglied sind über eingenommene Beiträge finanzieren? Siveke möchte sich jedenfalls mal umhören, was die anderen Geschäftsleute dazu sagen.

Aus Bad Pyrmont kommt derweil das Angebot an die Geschäftsleute im Münchhausenland, gerne mal an einer Vorstandssitzung des Kur- und Verkehrsvereins teilzunehmen, um sich über das Modell und die Beitragsordnung des Vereins zu informieren. Radtke betont: „Man muss es der Gemeinde so verkaufen, dass ein Verein die Gelder für den Tourismus eintreibt.“ In Bad Pyrmont hätten alle in die Tasche gegriffen, um der Stadt zu helfen. „Wir hoffen, dass das auch die Verwaltung und die Politiker freut“, heißt es vom Kur- und Verkehrsverein. Auch, weil die noch einmal verhinderte Vorbereitung zur Einführung des Tourismusbeitrags mehr als eine Arbeitskraft im Rathaus gebunden hätte.
Samtgemeindebürgermeisterin Tanya Warnecke hat jedenfalls ein offenes Ohr für die Geschäftsleute aus Bodenwerder-Polle, weiß aber nicht, wie tragfähig ein solches Modell in der Samtgemeinde wäre. Sie betont, „dass eine Gruppe auf uns zukommen müsse, die sagt, dass sie das so machen wolle“.

Copyright © Deister- und Weserzeitung 2018 
Texte und Fotos von dewezet.de sind urheberrechtlich geschützt.
 Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion

Autor: Karen Klages Reporterin
(veröffentlicht am 05.10.2018 um 12:31 Uhr / 
aktualisiert am 05.10.2018 um 17:20 Uhr)