Mitgliederzahl verdoppelt – doch das Ziel ist noch weit

Zwischenstand Tourismusabgabe
Mitgliederzahl verdoppelt – doch das Ziel ist noch weit

BAD PYRMONT. Der Kur- und Verkehrsverein hat bei seinen Bemühungen, die Tourismusabgabe für Bad Pyrmont zu verhindern, die Zahl seiner Mitglieder seit Beginn der Kampagne verdoppeln können. „Damit haben wir aktuell ein Beitragsaufkommen von rund 80000 Euro“, teilte die Vorsitzende Martina Tigges-Friedrichs mit.

„Es ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig.“: Martina Tigges-Friedrichs und die KVV-Vortstandsmitglieder führen zurzeit viele Einzelgespräch. Foto: PN-Archiv/jl

Das Ziel von 150000 Euro ist damit aber noch ein gutes Stück entfernt. Und der Zeitrahmen ist ein Stückchen enger geworden.

Der Verein setzt darauf, mit einem größeren Mitgliederbestand und einer entsprechenden finanziellen Leistungsfähigkeit als Gesellschafter der Bad Pyrmont Tourismus GmbH (BPT) ein größeres Mitspracherecht über die Verwendung der Mittel zur Tourismus- und damit Wirtschaftsförderung zu bekommen und gleichzeitig die Stadt Bad Pyrmont finanziell zu entlasten. Vergangene Woche hat die Stadtverwaltung 1470 Pyrmonter Betriebe und Gewerbetreibende angeschrieben, um auf das Anliegen des KVV aufmerksam zu machen. Eine Beitrittserklärung lag allen Schreiben bei. Die ersten Rückmeldungen gibt es bereits, doch ein Selbstläufer ist die Aktion nach den bisherigen Erfahrungen des KVV-Vorstands lange nicht. „Wir führen unglaublich viele Einzelgespräche, denn wir müssen immer noch viel Überzeugungsarbeit leisten, dabei sollte die Problematik mittlerweile bekannt sein“, so Tigges-Friedrichs. Nach ihren Worten kommen die Neuzugänge aus allen möglichen Branchen. „Das geht querbeet.“

Der KVV-Vorstand will sich nun noch gezielt um die Freiberufler wie beispielsweise Rechtsanwälte und Steuerberater kümmern, von denen offenbar nicht alle von der Stadt angeschrieben worden sind. Vom Pyrmonter Ärzteverein, der Mitglieder ohnehin schon vorher sehr gut im KVV vertreten sind, hat es laut Tigges-Friedrichs sehr positive Rückmeldungen gegeben. „Die Mitgliedschaft der Ärzte ist ein klares Signal für Solidarität, denn bei der Erhebung einer Tourismusabgabe durch die Stadt würden sie deutlich weniger bezahlen als bei einer freiwilligen Mitgliedschaft im KVV.“

Mit groß gestalteten Anzeigen will der Verein Ende der Woche noch einmal Gas geben. Dort sollen alle Mitglieder aufgeführt werden. „Wir setzten darauf, dass sich dadurch viele Gewerbetreibenden noch einmal bewusst mit diesem Thema auseinandersetzen“, lautet die Hoffnung der Vorsitzenden.

Am 14. Dezember soll der Rat über die Einführung der Abgabe entscheiden, aber die Stadtverwaltung möchte zur Vorbereitung der Sitzung schon vorher wissen, wohin die Reise geht. „Wir haben uns auf den 8. Dezember als Stichtag geeinigt“, so Tigges-Friedrichs. „Bis dahin müsste ohnehin klar sein, ob wir das Ziel erreichen oder nicht. Abwarten macht keinen Sinn.“

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Autor: Hans-Ulrich Kilian Redaktionsleiter Bad Pyrmont
(veröffentlicht am 15.11.2017 um 12:36 Uhr
 / aktualisiert am 15.11.2017 um 15:14 Uhr)

Protest gegen Tourismusabgabe

Nicht nur eine „verrückte Idee“
Protest gegen Tourismusabgabe

BAD PYRMONT. Kurz vor dem Grundsatzbeschluss zur Einführung einer Tourismusabgabe für Pyrmonter Betriebe im Rat am Donnerstag, haben sich Betriebsinhaber zum Protest getroffen und Unterschriften gegen das Vorhaben gesammelt. 80 waren es bis Dienstagmittag, weitere werden wohl dazu kommen.

Einige der Pyrmonter Gewerbetreibenden – Hoteliers, Ladeninhaber und Handwerker – machen am Montagabend in der Seipstraße ihren Unmut deutlich.
Unterschriften gegen die Tourismusabgabe sollen den Rat zum Einlenken bewegen. Bis Dienstagmittag wurden 80 Unterzeichner gezählt. Bis zur Ratssitzung dürften es noch mehr werden. Foto: uk

 

Carmen Hinzmann sieht für sich keinen Spielraum. „Jeder einzelne Euro würde mir am Jahresende fehlen, wenn ich eine Tourismusabgabe bezahlen müsste“, betont die Pyrmonterin, die unter den Arkaden am Kurpark ihren Laden „Pfötchenträume“ für Hundebedarf betreibt. Sie steht ganz alleine im Geschäft und wenn sie einmal wie jetzt einen seltenen Urlaub antrete, dann hat sich keine Einnahme, doch die Kosten laufen weiter. „Wenn die Abgabe kommt, dann weiß ich auf Anhieb fünf Läden, die abschließen“, sagt sie. Carmen Hinzmann ist nur eine von gut zwei Dutzend Betriebsinhabern, die sich am Montagabend vor dem „Apparthotel am Friedrichspark“ in der Seipstraße getroffen haben, um ihren Protest gegen die Einführung einer Tourismusabgabe durch die Stadt deutlich zu machen. Allgemeiner Tenor: „Man schlachtet doch nicht die Kuh, die Milch gibt.“

Die Stimmung ist gereizt, das Verständnis für die Pläne kaum vorhanden. In Windeseile wurden in den letzten Tagen Protestposter gedruckt, deren Ton an Schärfe kaum zu überbieten ist. „Die Stadt will uns kaputt machen!“ steht dort in großen Lettern geschrieben. Und weiter: „Nicht genug, dass nichts gegen den Leerstand getan wird. Jetzt sollen die verbliebenen Gewerbe mit einer Tourismusabgabe die Misswirtschaft der Stadt ausbaden.“ Zum Abschluss wird die Frage formuliert „Was kommt als nächstes?“

Engeladen zu der Protestversammlung hatten René und Stephanie Gruhn, die das 36-Betten-Haus seit 2009 führen. Ihr Hotel ist zurzeit gut belegt, der September sei der beste Monat, aber mit gut sechs Monaten sei die Saison sehr kurz, so René Gruhn. „Wir können die Abgabe nicht einfach auf den Bettenpreis aufschlagen, wie sich das offenbar manche Politiker vorstellen“, kommentiert Stephanie Gruhn. Das Ehepaar geht davon aus, dass auf sie eine Zahlung im hohen vierstelligen Bereich zukommt – mindestens. „Das wäre für uns eine existenzielle Frage“, so Stephanie Gruhn. „Durch die Abgabe werden Investitionen behindert, etwa in den Brandschutz, der zurzeit ja viele Hotels und Pensionen betrifft“, erklärt sie. Ihr Betrieb sei Mitglied im Kur- und Verkehrsverein, antworten sie auf die Frage nach der Solidarität in Sachen Tourismusförderung. Von der Bad Pyrmont Tourismus GmbH (BPT) hätten sie allerdings kaum etwas. „Unser Hotel lebt von der Mundpropaganda und unseren vielen Stammgästen.“

Der fehlende Dialog der Stadt mit den Betrieben wird allgemein kritisiert. „Wenn man mit uns gesprochen hätte und uns die Probleme erläutert, dann wären bestimmt viele von uns bereit gewesen, über einen freiwilligen Beitrag nachzudenken“, meint Jenny Wieneke von der Tankstelle Huddelbusch, die für ihren Betrieb einen Jahresbeitrag in Höhe von 2500 Euro ermittelt hat. „Wenn die Stadt aber einfach sagt, sie kann nicht mehr sparen, dann ist das ärgerlich. Als Unternehmerin könnte ich mir das nicht leisten“, fügt sie hinzu. Warum der Protest erst jetzt kurz vor dem entscheidenden Beschluss kommt, erklärt sie zumindest für sich so: „Anfangs hatte ich gedacht, die Tourismusabgabe ist nur so eine verrückte Idee.“War sie nicht, wie sich eigentlich schon seit gut einem dreiviertel Jahr zeigt.
Detlef Neims von der Firma Pohl ist auch gekommen. „Wo soll das ganz noch hinführen?“, sagt er und fragt sich besorgt: „Dreht die Stadt dann immer weiter an der Steuer- und Abgabenschraube?“ Auch er fühlt sich von der Stadt nicht ausreichend informiert, meint, dass sie generell aufklären müsse, wie die Abgabe aufbereitet werden soll. Dass der Tourismus für Bad Pyrmont wichtig ist, sei unbestreitbar und auch er profitiere als Handwerker für Sanitär und Heizungen davon. „Über einen freiwilligen Beitrag können wir ja reden, aber nicht über so einen pauschalen Beitrag.“
Es zeigt sich, dass es unter den Anwesenden große Informationsdefizite gibt und auch einige falsche Gerüchte kursieren. Unter anderem dieses: „Das will der Rat am Donnerstag hinter verschlossenen Türen beschließen“, ist zu hören. Stimmt nicht. Der „Grundsatzbeschluss zur Einführung eines Tourismusbeitrages zum 1.1.2019“ steht ziemlich am Anfang der öffentlichen Sitzung, die an diesem Donnerstag um 17 Uhr im Rathaus beginnt. Es dürfte voll werden in den Besucherreihen des Ratssaales.

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Autor: Hans-Ulrich Kilian Redaktionsleiter Bad Pyrmont
(veröffentlicht am 05.09.2017 um 18:17 Uhr)